Statt so mancher Website könntest du bald nur mehr ein Stoppschild zu sehen bekommen: In der ganzen EU müssen Internetprovider den Zugriff auf bestimmte Internetseiten sperren, hat der europäische Gerichtshof entschieden.
Es geht vorerst um Seiten, die unter Verdacht stehen, Urheberrechte zu verletzen – in der Praxis wohl in erster Linie um allseits bekannte Streamingplattformen wie kino.to oder movie2k.to. Für ihre Sperrung hält es der EuGH für angebracht, eine Zensurinfrastruktur zu etablieren.
Aber auch das aktuelle österreichische Regierungsprogramm beinhaltet die Prüfung von Netzsperren – diesmal im Kampf gegen das „unlizensierte Online-Glücksspiel“.
mit salamitaktik zu Zensur?
Damit wird die Tür für andere Arten der Internetzensur geöffnet: Sobald Internetprovider Infrastruktur aufbauen, um bestimmte Websiten zu sperren, wird der Druck auf sie steigen, mit immer mehr Inhalten so zu verfahren.
Das Muster ist bekannt: Anfangs werden derartige Maßnahmen noch als Werkzeuge im Kampf gegen Terrorismus, Kinderpornografie, Wiederbetätigung oder „Raubkopien“ verkauft, später aber aufgrund wirtschaftlicher oder ideologischer Interessen schleichend ausgedehnt.
Am Beispiel der Vorratsdatenspeicherung hat sich das erst letztes Jahr gezeigt: Schon kurz nach der Einführung haben die Urheberrechtsverwerter, aber auch z.B. das Bundesheer Begehrlichkeiten angemeldet.
Zur Aufrechterhaltung eines nicht mehr zeitgemäßen Urheberrechts, das immer mehr der Verwertungsindustrie und immer weniger den Bürgerinnen und Bürgern aber auch den Urheberinnen und Urhebern dient – oder unter dem Deckmantel des Schutzes von Spielsüchtigen, in Wirklichkeit aber auch zur Absicherung lokaler Glücksspielmonopole, sollen nun Eingriffe etabliert werden, die die Menschenrechte gefährden.
Welle an Netzsperren droht akut
Der EuGH urteilt, dass Netzsperren ein legitimes Mittel sind (Details als PDF). Damit wird es auch in Österreich bald Netzsperren geben, die alle Provider zur Sperrung bestimmter Internetseiten zwingt.
Die Grundlage für Internetzensur, wie wir sie aus Diktaturen kennen, ist damit geschaffen – ohne die dahinterliegenden Probleme nachhaltig zu lösen.
Internetsperren haben hohes Missbrauchspotenzial und wenig Effektivität.
Statt bloß Symptome zu bekämpfen, muss man die Ursachen dahinter zu lösen versuchen. Rechtswidrige Inhalte gehören nicht gesperrt, sondern gelöscht!
—Bernhard Hayden, ehem. Netzpolitiksprecher
was für ein Europa wollen wir?
Wir brauchen ein vereintes Europa, das die Möglichkeiten des Netzes und des Fortschritts nützt, um den Menschen mehr Freiheit und mehr Mündigkeit zu ermöglichen – nicht eines, das überholte Geschäftsmodelle vor Veränderung beschützt, und dabei Mittel einsetzt, die unsere Grundrechte bedrohen!